A Conversation for Leitkultur

Light - Kultur

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AXR (empty)

Die ganze Sache erinnert mich an einige Argumente, die Auftauchten, als wir hier so mit den ersten deutschsprachigen Ecken anfingen.

Zuerst würde ich ja einmal differenzieren ... für mich gibt es da zwei verschiedene Blickpunkte:
a) Deutsche Leitkultur - im Sinne einer Kultur die allen anderen als leitendes Vorbild dienen sollte und die aus Deutschland kommt. Das geht nach meiner Meinung ziemlich in Richtung Herrenrassenideologie etc. und ist in meinen Augen auch nicht akzeptabel. Ich weiss einfach zu viel über andere, auch ältere Kulturen, um in der deutsche Kultur etwas besseres zu sehen.

b) deutsche Leitkultur - im Sinn einer Kultur, die durch in Deutschland eine gewisse Leitfunktion hat. UND hierrüber kann man nun wirklich streiten.
Ich bin der Meinung, das es durchaus eine solche Kultur gibt, welche durch die gemeinsame Sprache, gemeinsame Geschichte etc. geprägt ist. Sie spiegelt sich ja auch in unserem täglichen Leben wieder ... in der Bürokratie, im Fernsehen, in der Demokratie (speziell in der Form wie sie nun einmal in Dtl. ext.) und wie wir miteinander umgehen.
Allerdings sehe ich dies Kultur nicht statisch ... sie entwickelt sich mit den Menschen im Land und wenn Dtl. ein Einwanderungsland ist, dann werden andere Einflüsse diese Kultur auch verändern. Und natürlich ist es dann auch notwendig, dass sich Ausländer in gewisser Weise an diese Kultur anpassen ... einfach nur um in der Gemeinschaft ( in diesem Fall der deutschen) mit den anderen zusammenzuleben. D.h. zBsp. die Sprache soweit lernen, das man mit seinen mitbürgern kommunizieren kann.

Als ich in Spanien war, habe ich mich auch der spanische Leitkultur angepasst ohne meinen deutschen Kulturhintergrund zu vergessen.

Nur das Wort "Leitkultur" finde ich äusserst unpassend und denke, das unsere Politiker bewusst mit der doppeldeutigkeit spielen um einerseits zu polemisiren und andereseits Wähler in einem möglichst weiten rechten Spektrum zu gewinnen ohne sich direkt dem Rassismusvorwurf zu stellen.

AXR


Light - Kultur

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You can call me TC


Ja, genau, wer würde heute auf seiner Pizzeria an der Ecke verzichten? Oder sein Döner oder Hamburger oder Falafel oder Chinesen oder wasauchimmer zwischendurch?

(s. meine Notizen übers Essen bei What's What - tut mir leid, aber da konnte ich's mir nicht verkneifen, das schwere deutsche Essen ein bißchen zu beleidigen.)

Dies könnte als eine leichtgewichtige Argument angesehen werden, aber erstens "Man ist, was man isst" und zweitens verbringt man sehr viel Zeit am Tag mit essen und drittens, die Eßkultur ist auch eine Kultur und viertens, es ist gerade was, worüber man Freundschaft schließen kann und sich näher kommen kann.


Leid - Kultur

Post 3

Tschörmen (german) -|-04.04.02

Sind ja schon wieder ein paar Tage her, dass die Äusserung gefallen ist. Ich habe mir also inzwischen wieder neue Gedanken gemacht und stelle fest, dass Historisch gesehen Deutschland ein Land der Leid-Kultur ist. Das Land der Dichter und Denker, sind nicht die größten Melancholiker irgendwo innerhalb der Grenzen von 1837 geboren worden?smiley - smiley

Leid-Kultur auch deswegen, weil jedem Deutschen die Geschehnisse im 3. Reich von Amtswegen Leid tun müssen. Eine solcher Anspruch in einem anderen Land zu erwarten (welchem Engländer tut Nordirland in dieser Form Leid???) ist für mich nicht vorstellbar. Eindeutig ein Post-1945iger Haltung der deutschen Nation ( und derer die sich dem zugehörig fühlen.)


Leid - Kultur

Post 4

You can call me TC

Heute hat die Merkel aber auch so einen ähnliche Spruch losgelassen - irgend was mit Multikulturell kann nicht funktionieren.


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Post 5

Tschörmen (german) -|-04.04.02

How soll it auch worken wenn no sprache gives es to reden Multikulti? Ich mein, was ist die multikulturelle Gesellschaft? Wenn Badenser und Schwaben gemeinsam einen Roihessewoi dringä, gell?


Leid - Kultur

Post 6

You can call me TC


Die Pfälzer sind schon verunsichert, wenn die übern Rhein müssen


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Post 7

Tschörmen (german) -|-04.04.02

Ich konnte für mich feststellen, dass ich mit meinem englischen Anteil an Kultur um Jahrzehnte zurückhinke. Wenn ich nach Engländ fahre (was wirklich nur noch im Urlaub passiert) dann ist das für mich auch wie ein Auslandsaufenthalt mit ein paar Erinnerungen wie es früher bei meiner Oma dort war.

Jugendkultur ist ja inzwischen ein eigener Begriff. Bei bestimmten Jugendlichenn ist es da schick mit diesem "Du Pro Krass, eh, was Du Dirr da Dengen dus`" -slang zu reden, also eine bewußt an den ausländischen Jugendlichen orientierte Sprache. Das geht mir manchmal voll fett gegen den Senkel, eh...smiley - smiley

Oder die neue Rechtschreibung. Bei den Leistungen die die Schüler heute bringen, wird die deutsche Rechtschreibung auch der Beliebigkeit preisgegeben. Ich habe mir einige Schreibweisen der neuen Regeln angewöhnt, aber wen stört es den zum beispiel hier, wenn man sich seine eigenen rägln auf´rleggt?


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Monsignore Pizzafunghi Bosselese

Auf die Bürokratie bin ich weniger stolz;
Die rechtliche Gleichstellung aller seh ich arg demoliert: siehe Wiesheu (bayrischer CSU-Chef, der ungestraft blieb als er besoffen jemanden totgefahren hat), natürlich Kohl, die Selbstbedienung bei den Diäten (können Normalsterbliche nicht), die Ökosteuer wird nur für die gelten die keine Lobby haben usw.

Melancholie:
sehe ich genauso. Irgendwer hat gesagt, daß es den Deutschen nur gut geht, wenn es ihnen schlecht geht.
Ein Fürst um 18hundertirgendwas meinte, daß er beruhigt wäre, wenn seine Bauern jammern. Erst wenn sie nichts mehr sagen, würde er hellhörig.
Ich meine, daß es den Deutschen sehr schlecht geht, aber das auf einem hohen Niveau.

Zum 3. Reich: Nordirland halte ich für etwas anders gelagert.
Aber da gibts noch mehr Beispiele: wann haben die Briten einen Entschädigungs-Fonds für die verschleppten Sklaven eingerichtet? Wo steht die amerikanische Gedenkstätte für die Missetaten an den Indianern (z.B. die "wohltätigen" Spenden von pockenverseuchten Wolldecken)?

Multi-Kulti:
Was die Ur-Deutschen wohl am meisten stört sind die fremdländischen Klänge in der Fußgängerzone, von Anden-Flöten bis Didgeridoos. Ob die Ausländer in Richtung Mekka beten oder Mehrfach-Ehen haben, sieht man in der Öffentlichkeit nicht und da "stört" es auch nicht. Hauptsache, in der Döner-Bude wird das Pils ordnungsgemäß gezapft.


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Post 9

You can call me TC


Die Spanier erst - die Nachfahren der Conquistadores - da ging es sogar auch um Schätze nicht nur um Rassenvernichtung.

... die Ur-Deutschen haben auch die "Neger-Musik" der 50-er nicht gemocht - die müssen auch immer was zum Motzen haben.


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Post 10

Sho - employed again!

1. Als Engländerin es tut mir wirkluch Leid was in NI geschehen ist....
2. Als Foreigner in Germany müßte ich auch anpassen. Aber ich bin nicht dazu "gezwungen" - wahrscheinlich weil ich EU Burger bin? Aber für mich ist es "Normal" anzupassen, habe ich auch in Frankreich, Hong Kong (so weit wie möglich!) und Russland getan. Aber für Leute die aus extrem Not nach Deutschland gekommen sind, ist es nicht selbstverständlich das deutsche Leitkultur zu folgen. Sie brauchen erstmals unterstützung und viel viel helfe, und haben teilweise sehr Viel erlebt und müssen erst ein bisschen entspannen können. Sie müssen es wollen - und das kommt erst wenn sie sehen wie bereit das deutsche Volk ist Einwanderer und Asylanten zu empfangen.
3. Gibt es nicht schon genugend Gesetze hier?? smiley - smiley
4. Sorry for my horrible German - I had to learn it by ear.


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Post 11

Tschörmen (german) -|-04.04.02

Könnte man sich den in England so etwas wie eine Leitkulturdiskussion vorstellen? Was eint die Inder, Pakistanis Waliser und Shotten zu einer Kultur? Das ist doch noch viel ausdifferenzierter wie in Deutschland.

Was müsste man können, um als Engländer zu gelten? Krikit verstehen?(kann ich nicht) Rugby spielen(kann ich nicht) English sprechen (meine Sprache, musste ich feststellen ist auch schon 25 Jahre alt), den Anhalter durch die Galaxis gelesen haben(Gott sei Dank, endlich mal was zu trifft) oder Beowulf (na, wenigstens das Impressum...)

Das ist voll echt du eh die Definitionssache, welche Culture Leitkultur ist. Ich glaube es gibt eine Menge Leitsubkulturen. Das sollte man sich mal betrachten. Zum Beispiel diese Leute die moderne E-Musik hören. Dass sind sicher keine "guten Deutschen", oder?


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Post 12

Monsignore Pizzafunghi Bosselese

Genau, die Sublight-Kulturen. Einheitlich wirds wohl erst, wenn in türkischen Handmalfarben an Wänden gemalt steht:

kOmÖdIEnsTaDeL & CaRoLiN ReIBer rUlEz!!!


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Post 13

Sho - employed again!

Müß ich zugeben - in ENGLAND wird nie über Leitkultur diskutiert. (Ihr verwechselt, wie die meisten, England mit GB). Die Einwänderer werden nicht damit klarkommen. Aber: in Schottland, Wales & Ireland (auch z.B. Yorkshire, Cornwall, Lancashire usw) gibt es doch Leitkultur. (IMO gibt es in Bayern auch einen Leitkultur - es ist meist "nur zu spuren" - aber versteht Ihr was ich meine?)
Es wird auch nie in der Englische Öffentlichkeit (besonders nicht von der Politiker) diskutiert - es gelt as Fremdenfeidliche Aussage und wird nicht akzeptiert. Wenn in England (als auch in Deutschland) etwas über Leitkultur besprochen wird gelt es fast immer als Rassismum. In den USA, Schottland, Wales, Frankreich dagegen, gelt es als "Patriotism". Go Figure.


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Post 14

You can call me TC


Ich habe es noch nicht einmal richtig übersetzen können - bräuchte wahrscheinlich ein Wörterbuch aus den 30er Jahren.

Ich würde aber mal behaupten, daß in England genau das Gleiche passiert wie hier. Es gibt Inder/Pakistanis, die in Ihren Ghettos leben und zusammenhalten, nehmen nichts vom britischen Kultur an. Es gibt Leute, die diese Gruppierungen verabscheuen und verprügeln.

Es gibt wiederum I/P, die sich bemühen zu integrieren, sich aber nicht so recht trauen, und ebenfalls gepöpelt werden.

Es gibt aber auch solche, die sich einfach drauf los integrieren und am Schluß merkt es kaum einer, daß sie "anders" sind. Sie werden Lehrer, Ärzte, Nachrichtensprecher, Manager und haben andere Probleme als Integration.

Es kommt auf den Charakter an, und ein wenig auf die familiären Hintergründe.

Es ist natürlich auch möglich, daß Leute aus der ersten Gruppe sich außerhalb ihrer Ghettos (wobei ich mit Ghetto nicht irgendwie "slum" meine, sondern abgetrenntes Wohngebiet) gut einfügen. Das ist dann ideal, weil die ihre Wurzel nicht verlieren und eine solide Basis für ihre Lebensführung und Selbstbewußtsein haben. Normalerweise geht es hier um Religionsausübung und Eßverhalten in erster Linie.

Die westlichen Kulturen könnten ein Stück abschneiden - durch den Verfall der Religionen und/oder der sozialen Moralität sind bei uns die Werte und damit das Selbstwertgefühl in vielen Kreisen und Schichten stark vermindert, was zum allgemeinen Verfall der Gesellschaft geführt hat (erhöhte Kriminalität, Ausbreitung der Apathie, Respektlosigkeit...)

Damit habe ich wohl gesagt, daß wir uns erst mal gründlich überlegen sollten, was diese Leitkultur (nicht nur in Deutschland) ist, und ob es wert ist, zu verteidigen und anderen aufzuzwingen, oder ob es nicht erst mal revidiert werden soll.

Gegen eine allgemeine Einführung in diversen Sachen des Alltags kann niemand was haben, gekoppelt mit etwas Geschichte usw., so, wie es in der Schweiz und in den USA üblich ist beim Annehmen der Staatsbürgerschaft. Mindestens sollte so was freiwillig zu machen sein.

Würde ich gerne machen - aber ich kann weder Russisch noch Türkisch.

erm ... paßt das alles zum Thema? Mir hat noch keiner gesagt, was Leitkultur wirklich ist. (Und ich gehe her, und versuche es zu übersetzen ... stellt euch das vor)




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Post 15

Sho - employed again!

Ich glaube Leitkultur sowie Schadenfreude (als Beispeil) kann Mann nicht übersetzen. Es ist mehr ein allgemeines Gefühl als sonst 'was.
Aber, Du hast Recht. Es wäre sinnvoll wenn wir von andere Leute und Kulturen lernen könnten. Einwanderer bringen auch etwas mit, meist "Familienkultur" was im Western heutzutage (meist) fehlt.


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Post 16

Monsignore Pizzafunghi Bosselese

Was ich mit dem Einwurf von heut früh (zwischen Frühstück und Losgehen verfaßt) sagen wollte: /Was/ bitteschön ist denn /die/ Leitkultur. Ok, TC und Sho haben dieselbe Frage auch aufgeworfen. Bayrische Sitten gibts hier, katholische überall, in türkischen Bereichen (Getto will ich nicht sagen) wieder andere, Griechen haben ihre, die Jugend wieder andere. Wenn es /eine/ Leitkultur geben können soll, muß das wohl ein wüstes Gemisch aus allem sein. Oder der kleinste gemeinsame Nenner, und den gibts glaub ich nicht, da einmal die verschiedenen Glaubensrichtungen da sind und zum anderen Techno und Blechmusik auch nicht auf einen Nenner zu bringen sind.

Und wenn es schon eine Leitkultur geben soll, dann bitte nicht so wie in arabischen Ländern, wo man christliche Embleme nicht zeigen darf (siehe Entry 'Er Riyad') und Kirchen (wenn überhaupt) nur außer Sichtweite von Moscheen gebaut werden dürfen.

Und wie Sho sagt: die 'anderen' bringen auch etwas mit, bzw. im Fall Deutschland /haben/ sie das schon getan.


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Post 17

Tschörmen (german) -|-04.04.02

Wahrscheinlich muss man die ganze Diskussion von einer anderen Seite her aufrollen. Die erste Frage die zu klären ist, heißt: Was ist "Kultur"?. Die Feststellung wird dahingehend sein, dass es nicht nur eine Kultur, sonder viele Kulturen gibt, und dass sich Kulturen nur dann erhalten, wenn sich Personen dieser Kultur verpflichtet fühlen. Dabei bleiben kulturelle Eigenheiten dem stätigen Wandel unterworfen, was sich ja am Beispiel der Sprache verdeutlichen lässt. Als Kinder haben mein Bruder und ich uns mit amerikanischen Kindern darüber gestritten, ab es "Tomaato" oder Tomädo" heißt, im glauben, dass nur britisches Englisch die kultivierte Ausdrucksweise ist. Dann musste ich mir irgendwann mal von meinem Vater erklären lassen, dass die amerikanische Aussprache die eigentlich historisch richtigere Aussprache ist, da diese näher an dem Enlisch der Siedler damals liegt.

Auf das Problem der Subkulturen habe ich bereits einmal hingewiesen. Gerade wenn man sich mit Punks oder Skinns einlässt, kann man nur in diesen Kreisen überleben, sofern man sich mit diesen Kulturen identifiziert. Es kann ja wohl nicht davon gesprochen werden, dass einer dieser beiden Kulturen einen Anspruch auf Alleinvertretung der Jugendlichen Deutschlands erhebt. Ich glaube daher auch nicht, dass es jemanden gibt, der stellvertretend einen Anspruch einer "deutschen Leitkultur" als Masstab für alle deutschen und in Deutschland Lebenden erheben kann. Nur der einzelne kann sich in einem kulturellen Rahmen hineingeben, oder sich daneben benehmen, und dann die direkten Folgen durch die betreffende Gruppe erleben.


Leid - Kultur

Post 18

You can call me TC



Also stehe ich da als frisch eingereister wasweißich - Vogon, von mir aus - und muß mich einer Kultur anpassen/aneignen - welche nehme ich denn?


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Post 19

Tschörmen (german) -|-04.04.02

Hier auf h2g2 haben wir doch auch Kultur: Geht man in einen der Threads findet man/frau doch ziemlich schnell raus, was ankommt, wie man redet, welche Kürzel verwendet werden. Ich bin mal gespannt, welche "Kultur" sich in der Benutzung der Smilies entwickelt. Die sind ja ganz nett, aber mir gefällt vieleicht ein Y voll Sekt doch besser, wie das "flashy" Symbol


Leid - Kultur

Post 20

You can call me TC


Ich benutze die Dinger überhaupt nicht. Drucke mich lieber mit Worten aus. Wie ihr unschwer erkannt haben müsstet!! Prost!!


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